Defensives Versagen

Herren unterliegen Berlin 4:5

Zwischen Wunsch und Wirklichkeit klaffte diesmal eine große Lücke. Mit einem Sieg im letzten Freiluftspiel gegen den Angstgegner Berliner HC wollte Feldhockey-Bundesligist HTC Uhlenhorst dafür sorgen, monatelang die schöne Aussicht an der Tabellenspitze zu genießen. Gegen den cleveren Klub aus der Metropole gab es bei der verdienten 4:5-Niederlage dann aber das böse Erwachen, weil sich die Defensive der Uhlen ohne ihren Abwehrchef Jan Gehlen den Anforderungen nicht gewachsen zeigte.
Es war angerichtet für den finalen Akt mit dem ultimative nSahnehäubchen des Branchenführers. Der goldene Oktober zeigte sich von seiner besten Seite, 450 Zuschauer waren bereit, den Vizemeister auf seinem Weg zur Tabellenführung zu begleiten. Und der Weg ging gleich in die richtige Richtung, als sich in der 4. Minute dem nach vielen Einsätzen bei Jung und Alt ausgelaugten Christopher Rühr die erste Chance bot. Für den ganz starken BHC-Torhüter Ulrich Bubolz war der wenig konsequente Schussversuch indes eine leichte Beute. Beim nächsten Versuch griff die jugendliche Note: Jan Nitschke verwertete das Zuspiel von Abwehrmann Ole Keusgen souverän zur Führung der Gastgeber. Doch dann griff auch das, was an diesem Tag Beständigkeit haben sollte: Die Berliner erzielten in Person von Till Scharp, den die Abwehr fahrlässig hatte laufen und gewähren lassen, per Rückhand den Ausgleich.
Ein Treffer mit Folgen, denn die behäbigen und vorzugsweise mit blinden Bällen agierenden Uhlenhorster verloren in der Folgezeit zusehends den Boden unter den Füßen. Beim 2:1 durch besagten Scharp herrschte in der Abwehr abermals der kollektive Notstand und auch beim 1:3 herrschte der allgemeine Tiefschlaf: Bei der zweiten Ecke legte Nationalspieler Martin Häner, der in der Abwehr alles unter Kontrolle hatte, auf den am Pfosten mutterseelenallein lauerenden Richard Braun ab. Und das Fell wäre garantiert frühzeitig verteilt gewesen, wenn in der 29. Minute Niklas Cartsburg nicht wenige Zentimeter gefehlt hätten.
Mit dem Wiederanpfiff zeigte der Peitschenknall des Trainerteams André Henning/Sven Meinhardt Wirkung. Spielerisch kamen die Uhlen endlich ins Rollen, verdienter Lohn war der clever erzielte Anschlusstreffer von Torjäger Thilo Stralkowski. Der besaß auch die Chance zum Ausgleich, doch die erste Ecke der Mülheimer parierte Ex-Nationalspieler Bubolz in der Ausrichtung der Spitzenkraft.
Der HTCU war zurück in der Spur, machte hohes Tempo und überzeugte kämpferisch. Das Tor machten hingegen die Berliner, als Robert Marx nach einem Gestochere traf. „Ich weiß nicht, warum wir bei jedem Angriff ein Tor kriegen“, stöhnte „Co“ Meinhardt. Hoffnung keimte wieder beim Anschlusstreffer von Stralkowski auf, doch im Gegenzug legte der BHC durch Kevin Lim wieder nach. Dass Stralkowski noch einmal verkürzte, fiel unter die Rubrik Ergebniskosmetik.
„Das ist eine Niederlage, mit der ich überhaupt nicht leben kann“, sagte Henning später. „Die erste Halbzeit war eine absolute Frechheit und ganz, ganz mies. Kein Bock, keine Körpersprache, kein Abwehrverhalten. Eine Zumutung für die Zuschauer. Da fehlte mental die Stabilität. In der zweiten Halbzeit, in der es Spielerisch einen Klassenunterschied gab, waren wir in der Spur. Wenn wir in der ersten Hälfte annähernd so gespielt hätten, hätten wir das Match mit drei Toren Unterschied gewonnen. Die Angriffe waren aber teilweise grünschnabelhaft und wir haben nicht immer vernünftige Entscheidungen getroffen. Am Verhalten unter Stress müssen wir noch arbeiten.“
derwesten.de – Gerd Böttner